Das baldige Auslaufen der Corona-Schutzmaßnahmen bedeutet einen Lichtblick für die krisengebeutelte Gastronomie. Gleichwohl dämmert vielen Restaurantbesitzern, dass Gäste womöglich nur langsam wieder in die Lokale strömen werden. Denn die Essgewohnheiten haben sich durch die Pandemie verändert. Umso wichtiger daher, dem eigenen Abhol- und Liefergeschäft jetzt nicht einfach den Stecker zu ziehen.
(Ein Beitrag von Max Falkenstern)
Die Coronakrise hat einen gewaltigen Transformationsprozess in der Gastronomie angestoßen. Abstands- und Hygieneregel sowie Zugangsbeschränkungen, zeitweise vollständige Lockdowns, zwangen Restaurants im Eiltempo alternative Geschäftsmodelle aufzubauen. To-Go ist in aller Munde, kaum ein Café, Imbiss und Restaurant, das sein Angebot nicht in irgendeiner Form zum Mitnehmen und Lieferungen anbietet.
Inhaltsverzeichnis
Wie sieht die neue Normalität für die Gastronomie aus?
Die Umsätze vor der Pandemie generierten die eilig eingeschobenen Abhol- und Bringdienste jedoch nicht. Umso größer daher die Vorfreude, dass zum 20. März 2021 bundesweit die letzten, größeren Zugangsbeschränkungen fallen und damit einher vielleicht die Sehnsucht nach Normalität viele Gäste wieder ins Restaurant zieht.
Doch wenn uns die Pandemie eines gelehrt hat, dann die Unberechenbarkeit in ihrer Entwicklung. Ob’s wirklich zu einem großen Run kommt und schlussendlich alles wird wie früher? Vielleicht, aber womöglich eher unwahrscheinlich.
Weitgehend unstrittig ist, dass sich die Art und Weise, wie Gäste essen, durch Corona maßgeblich beeinflusst wurde.
- So gaben in einer vom Wirtschaftsberater Deloitte Ende 2021 durchgeführten Studie mit 1.000 Teilnehmern knapp 61 % der Befragten an, mindestens einmal pro Woche Essen zur Abholung oder Lieferung zu bestellen.
- 64 % gaben an, dass sie nicht damit rechnen, nach der Pandemie so schnell wieder zu alten Gewohnheiten zurückzukehren.
- Bestellung über Lieferdienste und Portale sowie Apps haben nach einer Bitkom-Studie ebenso zugenommen wie Online-Bestellungen direkt über die Homepage des Restaurants.
Umso wichtiger ist es folglich für Gastronomen eben nicht einfach die Zelte abzubrechen und das eigene Abhol- und Liefergeschäft in der Kellerecke zu deponieren. Sondern umsichtig zu fahren, bisherigen Erfolge- und Misserfolge am eigenen Takeaway-Angebot konsequent zu analysieren und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Welche Ansätze existieren, zeigen wir nachfolgend.
Wo die Einflussnahme von Lieferplattformen beginnt – und wo sie aufhört
Auch weil während Krisenzeiten Eile geboten war, haben sich viele Gastronomen für die Zusammenarbeit mit Lieferportalen entschieden. Aus kurzfristiger Perspektive ein nachvollziehbarer Schritt, stellen diese doch Infrastruktur, Logistik und Marketing bereit.
Nur nachhaltig ist diese Entscheidung für Restaurants in der Regel nicht. Eine Erkenntnis, die mittlerweile auch in den Köpfen vieler Gaststättenbetreiber gereift ist. Davon zeugen etliche Erfahrungsberichte, darunter in Blog-Kommentaren, einschlägigen Gastro-Gruppen auf Facebook und Medienberichten.
Hohe Provisionen, unerwünschte “Schatten-Websites” und Verlust der Autonomie sind Schlagwörter, die da häufig fallen. Kurzum: Für etliche Gastronomen rechnet sich die Zusammenarbeit nicht.
“Es hilft mitunter der Wahrheit ins Auge zu sehen: dass die Interessen von Lieferplattformen und Restaurants konträr sind.“
Während den Portalen das Ganze drumherum im Lokal grundsätzlich “egal” ist, leben Gastronomen davon, an ihre Gäste ein Erlebnis zu verkaufen. Das besteht aus gutem Essen und einem Spitzenservice. Für beides sind Plattformen nicht verantwortlich; die eigentliche Wertschöpfung entsteht im Restaurant. Für Gastronomen ergibt sich auch eine Entkopplung vom Gast, weil von der Buchung über die Lieferung bis hin zum Feedback relevante Prozesse über die Plattform laufen.
Hieran knüpft die Frage an: Bist du bereit, deinen Einfluss abzutreten?
- Einfluss darüber, wie dein Lieferangebot online im Webshop dargestellt und gegenüber Mitbewerbern positioniert ist (auf Plattformen bist du nur ein Restaurant unter vielen).
- Einfluss über die Auslieferung und damit den (ersten) Kundenkontakt bei der Bestellung.
- Uneingeschränkter Einfluss über die Datenhochheit, die es dir überhaupt ermöglicht, nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen (der Motor für gesundes Wachstum).
Das Liefergeschäft in die eigenen Hände nehmen
Die Alternative besteht darin, das Abhol- und Liefergeschäft in die eigenen Hände zu nehmen.
Die gute Nachricht vorweg: Die meisten Gäste würden direkt über die Homepage oder App ihres Wunschrestaurants eine Online-Bestellung aufgeben, ist das Ergebnis der Deloitte-Befragung. Nur 11 Prozent ziehen einen Drittanbieter vor. Hinzu kommt ein immer stärker werdendes Bewusstsein für Regionalität und Nachhaltigkeit (#supportyourlocals) bei Verbrauchern.
Diese Entwicklung können Gastronomen für sich vereinnahmen; ein nutzerfreundliches Bestellsystem, das direkt auf deiner eigenen Webseite, Facebook und Co. eingebunden ist, schafft die technische Grundlage dafür.
Und doch gibt es Vorbehalte. Die hohe Reichweite der großen Lieferbringdienste wird dabei gerne als Argument herangeführt, lässt sich aber bei näherer Betrachtung entzaubern. Denn längst stehen Gastronomen vergleichbare Alternativen zur Verfügung.
Über Google Food Ordering wird das eigene Restaurantprofil in der Suchmaschine etwa um eine digitale Speisekarte mit Bestelloption erweitert.
Ein unschätzbarer Vorteil für Gastronomen: Restaurants rangieren an der Spitze der Suchanfragen. Fast jede zweite Nutzeranfrage entfällt heutzutage auf Lokales in der Nähe. Mit Google gewinnen Restaurantinhaber einen reichweitenstarken Kanal für Bestellungen. resmio bietet den Service als offizieller Kooperationspartner mit an.
Speisekarte digitalisieren heißt nicht automatisch mehr Umsatz
Aber seine Speisekarte zu digitalisieren, kann eben erst nur der erste Schritt sein. Um sich von Mitbewerbern und Plattformen zu differenzieren, muss das Ziel darin bestehen, Gästen ein authentisches Restauranterlebnis zu Hause anzubieten, das es so nur gibt, wenn der Gast bei dir bestellt.
Frage dich daher zuerst: Was unterscheidet dein Abhol- und Lieferangebot vom Nachbarlokal gegenüber?
Womit wir bei den zwei Faktoren wären, die Restaurants seit jeher auszeichnen und auch fürs Außer-Haus-Angebot essentiell sind:
- Die Qualität der Speisen
- Der Service
Speisekarte an Gästeerwartungen anpassen
Bei den Speisen gilt: möglichst keine Kompromisse! Das gilt nicht nur für den Geschmack, sondern vor allem auch für die Präsentation. Das Auge isst bekanntlich mit Wer auf hochwertige, umweltschonende Verpackungen setzt, wahrt Qualität und kann Gericht teils ganz anders in Szene setzen. Im Idealfall erarbeitest du dir auf diese Weise ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in deiner Region.
Gleichwohl kommen damit für Gastronomen steigende Kosten zu. Vor diesem Hintergrund ist eine fundierte Preiskalkulation ist essentiell.
- Der Gestaltung der Speisekarte kommt eine wichtige Rolle zuteil. Sich auf wenige, ausgewählte Gerichte zu konzentrieren, die Zutaten miteinander teilen und nach streng standardisierten Rezepten zubereitet werden, ist eine vielfach angewendete Strategie zur Kostensenkung in der Gastronomie.
- Auch die fortwährende Beobachtung der Nachfrage auf Grundlage der Penner-Renner-Analyse ist hilfreich. Durch sie entdeckst du Nieten in deinem Angebot, die dir ausschließlich zusätzliche Kosten aufbürden.
- Es ergibt Sinn, sich sein Einzugsgebiet genauer anzusehen und das Angebot entlang daran auszurichten. Liegt den Lokal bspw. an vielen umliegenden Büros können sich für den Mittagslunch zugeschnittene Angebote lohnen.
Mit kleinen Gesten deinen Service-Charakter herausstellen
Damit der Bestelldienst wirtschaftlich auf gesunden Beinen steht, braucht’s vor allem Stammgäste. Aber wie gewinnst du sie ohne persönlichen Kontakt zum Gast? Die Antwort: Durch andere Formen der Wertschätzung.
“Wenn Gäste schon direkt über deine Webseite und soziale Kanäle ordern, solltest du Ihnen auch aufzeigen, dass es einen feinen Unterschied gibt, ob sie das bei dir tun oder deinen Mitbewerbern und Lieferplattformen.”
Fährt dein Personal das Essen selbst aus, kannst du hier anknüpfen. Ein freundliches Lächeln, eine kurze Konversation verbunden mit einem Dankeschön bei der Übergabe der Bestellung – solche Gesten können schon viel bewirken.
Weitere Aufmerksamkeiten könnten etwa eine kreative Dankeschön-Notiz sein oder ein Präsent, das der Bestellung beiliegt. Oder vielleicht ein Rabattcoupon oder Gutschein für ein Getränk als Anreiz für eine neue Bestellung? Auf diese Weise schaffst du besondere Erlebnisse, an die sich Gäste möglicherweise bei ihrer nächsten Bestellung zurückerinnern und dein Lokal in die engere Auswahl einbeziehen.
In vielen Absatzkanälen denken
Jetzt lag der Schwerpunkt bisher auf dem eigenen Lieferdienst und Abholservice. Doch der kann neben der eigentlichen Bewirtung im Restaurant und der Außenterrasse in Zukunft nur eines von vielen Eckpfeilern sein.
Steigende Kosten für Energie und Lebensmittel (u.a. auch aufgrund der Inflation), Lieferengpässe, Personalmangel, Wettbewerbsdruck – um die vielen Hürden zu nehmen müssen Gastronomen bereit sein, alle erdenkbaren Absatzkanäle zu nutzen.
Vom Betrieb sogenannter Ghost Kitchens über Self-Ordering per Smartphone am Tisch über den Versand von Lunchboxen und Menüs bis zum Ausrichten eines Dining-Erlebnisses direkt beim Gast zu Hause – wer sich unternehmerisch vielseitig aufstellt, ist besser gegen potenzielle Einbrüche an anderer Front gewappnet. Das verlangt große Anstrengungen, doch natürlich sind die Kassen sind bei vielen Restaurantbetreibern aufgrund der Krise leer.
Andererseits:
“Will man erst handeln, wenn der Leidensdruck so groß ist, dass man gar nicht anders kann? Und dann ggf. einen noch höheren Preis zu bezahlen?”
Oder lieber jetzt schon punktuell potenzielle Kanal ausprobieren, eigene Erfahrungen machen und dabei wertvolle Daten und Erkenntnisse darüber gewinnen, was die eigenen Gäste annehmen – und was eher nicht?
Nicht falsch verstehen: Dass Fallhürden existieren, können und wollen wir natürlich nicht ignorieren. Alle Unternehmer tragen große Verantwortung, nicht nur für sich selbst, sondern ihre Mitarbeiter. Zugleich sollten potenzielle Risiken aber nicht dazu führen, im status quo zu verharren.
Wie schmerzhaft Stillstand ist, lässt sich etwa im Einzelhandel beobachten. Erst sehr zögerlich das eigene Angebot digitalisiert, haben es selbst viele Händler versäumt gegenüber dem Online-Versandhandel ein echtes Alleinstellungsmerkmal herauszubilden und ihrer Zielgruppe zu vermitteln. Heute sind viele Läden in ihrer Existenz bedroht.
Die Gastronomie als „People Business“ und Begegnungsort dürfte glücklicherweise nicht ganz so schwer vom Kundenschwund betroffen wie der Einzelhandel. Aber es wäre zumindest gewagt, die stetig wandelnden Gästeerwartungen zu berücksichtigen.
Fazit – Umsicht statt Hoffnung
Durch die Impfkampagne und den Rückgang an schweren Verläufen zeichnet sich allmählich ein Ende der Coronakrise ab. Doch ein Rückgang zur Normalität bedeutet das auch im Gastgewerbe zwangsläufig nicht. Dass alle Gäste in die Restaurants zurückkehren, erscheint unwahrscheinlich – auch, weil sich während der Pandemie die Essgewohnheiten vieler Verbraucher geändert haben.
Kluge Gastronomen verlassen sich nicht auf das Prinzip Hoffnung, sondern setzen darauf möglichst viele Umsatzquellen zu erschließen. Ein Bestell- und Lieferangebot gehört in den meisten Fällen dazu. Damit es nachhaltig ist, müssen Restaurantinhaber das Außer-Haus-Geschäft jedoch selbst in die Hand nehmen. Mit deinem eigenen Bestellsystem, das auf der Webseite, Google und vielen weiteren Kanälen platziert wird, steht dir dafür ein leistungsstarkes Instrument zur Verfügung.
Nur wenn du Hochheit über deine Gästedaten besitzt, bist du in der Lage, deine Gäste kennenzulernen, ihre Erwartungen zu antizipieren und dein gastronomischen Angebot danach auszurichten. Es entstehen nachhaltige Kundenbeziehungen; wertvolle Stammgäste, die dein Restaurant wirtschaftlich tragen. Womöglich auch durch die kommenden Krisen unserer Zeit.
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